Sonntag, 23. April 2006

scary movie

Ob man „Scream“ nun als brillant selbstreferentielles Meisterwerk verehrt oder den Film für einen nervigen Langweiler mit lahmen Insider-Jokes hält, eins steht wohl unumstößlich fest: Wes Cravens Comeback-Hit war seinerzeit nicht nur der Überraschungserfolg der Saison, er sorgte auch für die Wiederbelebung des bereits totgeglaubten Slasher-Genres, das das Nervenkostüm sensibler Kinogänger mit seinen kreischenden Teenie-Stars in den folgenden Jahren wieder einigen starken Belastungsproben unterzog. Putzigerweise ist der Überraschungserfolg des diesjährigen amerikanischen Kinosommers nun wiederum ein Film, der sich in erster Linie eben jenen „Scream“ vornimmt und mit diesem Film als Grundlage das inzwischen ebenfalls als vollkommen ausgelutscht angesehene Genre der ‚ZAZ-Komödie‘ zu neuen Extremen führt. ‚ZAZ‘ steht hier für (David) Zucker, (Jim) Abrahams und (Jerry) Zucker, die mit solchen Klassikern wie „Top Secret“ und „Die Nackte Kanone“ die Lachmuskeln des internationalen Kinopublikums arg in Mitleidenschaft zogen. Respektlose Parodien auf spezielle Filmgattungen, aktuelle Leinwanderfolge und filmische Konventionen allgemein waren allerdings kein Monopol des genannten Trios, auch andere Regisseure versuchten sich in dieser Disziplin, jedoch zumeist mit weitaus weniger Erfolg. Eine der besten Persiflagen im ZAZ-Stil stammt von 1988, basiert hauptsächlich auf den Blaxploitation-Filmen der siebziger Jahre und trägt den Titel „I’m Gonna Git You Sucka“. Der Regisseur dieses Streifens, der in Deutschland unter dem supertollen Titel „Ghetto Busters“ seine glanzvolle Video-Premiere feiern durfte, ist wiederum genau jener Keenen Ivory Wayans, der nun zwölf Jahre später mit „Scary Movie“ an diesen fast vergessenen Komödien-Klassiker anknüpfen kann.

Die Kurzbeschreibung lautet also ‚Parodie auf Slasher-Filme‘. Eine Inhaltsangabe wird an dieser Stelle ja wohl hoffentlich niemand erwarten, es sollte der Hinweis reichen, daß man zumindest den ersten Teil von „Scream“ auf jeden Fall kennen sollte, da hier das Grundgerüst der Handlung entliehen wurde. Auch das Sequel und der Nachzieher „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ bekommen in „Scary Movie“ (so lautete der Arbeitstitel von „Scream“ übrigens auch mal) ihr Fett weg, ebenso wie zahlreiche andere nicht unbedingt dem Horror-Genre zugehörige Filme der letzten Jahre, die hier aber nicht weiter aufgeführt werden sollen, denn schließlich besteht der Spaß an diesen Szenen auch gerade darin, unerwartet mit bekannten Bildern konfrontiert zu werden. Ein Blick auf die hohe Zahl der Drehbuch-Autoren und das dazugehörige Wissen, daß der Film eigentlich aus zwei verschiedenen Scripts zusammengesetzt wurde, sollte bereits andeuten, daß man hier selbstverständlich nicht mit einem schlüssigen, bis ins Detail ausgefeilten Plot rechnen sollte. Aber darum geht’s in diesem Genre auch nicht.

Das einzige, was bei dieser speziellen Gattung der Komödie zählt, ist schließlich die ‚Trefferquote‘. Das war bei den ZAZ-Filmen auch schon nicht anders: Diese Streifen feuern so im Durchschnitt alle 30 Sekunden einen Gag ab. Bei einer Laufzeit von ca. 90 Minuten sind das nahezu 200 potentielle Schenkelklopfer, die nun aber niemals alle zünden. Das einzige wirklich relevante Bewertungskriterium für diese Art von Film muß also eben diese Trefferquote sein, und die liegt bei „Scary Movie“ so ungefähr bei achtzig Prozent. Da kann man nicht meckern, denn selbst wenn einige der Scherze etwas vorhersehbar sind oder auch mal überhaupt nicht funktionieren, dauert es halt nur wenige Sekunden bis der nächste Brüller kommt und diese kleinen Schwächen ganz schnell vergessen läßt. Einfach köstlich sind beispielsweise die Szenen, in denen sich selbst der maskierte Killer über die im Slasher-Genre ja nun mal typische bodenlose Dummheit seiner Opfer aufregt, allerdings zählen diese Sequenzen auch schon zu den subtilsten Momenten des Films, denn auf eins sollte man wohl besser vorbereitet sein: Der Humor ist doch eher von der grobschlächtigen Sorte.

Besonders dezent ging es in den ZAZ-Produktionen auch nicht gerade zu, aber „Scary Movie“ läßt doch mehr als deutlich den Einfluß der neueren ‚Peinlichkeits-Komödien‘ wie „Verrückt nach Mary“ oder „American Pie“ erkennen. Soll heißen: Die Körperteile, -flüssigkeiten und -gase, die dem entweder angewiderten oder begeisterten Publikum hier stolz präsentiert werden, wären noch vor wenigen Jahren in einem Mainstreamfilm kaum vorstellbar gewesen und dürften erstmal einen neuen Meilenstein in der Geschichte des R-Ratings darstellen. Zum Beispiel ist in einer Szene, die aus Gründen der Spoiler-Vermeidung und des, ähem, Anstandes an dieser Stelle nicht näher beschrieben werden soll, mit ziemlicher Sicherheit die bislang größte Sperma-Menge in einem nicht-pornographischen Film zu beklatschen. Selbst wenn man das nicht unbedingt lustig findet, kann man sich in diesen Momenten immerhin noch erstaunt an den Kopf fassen und sich einfach darüber wundern/freuen/ärgern, mit welcher gnadenlosen Konsequenz der Humor hier kilometerweit unter der Gürtellinie angesiedelt wurde.

Wenn man also weiß, worauf man sich einläßt, den ‚guten Geschmack‘ zu Hause läßt und sich den Film nicht unbedingt in einer Nachmittagsvorstellung mit gerade mal drei anderen zahlenden Gästen anschaut, kann man sich von „Scary Movie“ mal wieder eine richtig heftige Zwerchfell-Massage verpassen lassen, ohne wertvolle Hirnkapazität für solche Nebensächlichkeiten wie Story oder Charaktere verschwenden zu müssen. Mehr kann, darf und sollte man von dieser Art Film nicht erwarten.

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